GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Staatsrecht I: Staatsorganisationsrecht
- 1.
- die auswärtigen Angelegenheiten sowie die Verteidigung einschließlich des Schutzes der Zivilbevölkerung;
- 2.
- die Staatsangehörigkeit im Bunde;
- 3.
- die Freizügigkeit, das Paßwesen, das Melde- und Ausweiswesen, die Ein- und Auswanderung und die Auslieferung;
- 4.
- das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte sowie die Zeitbestimmung;
- 5.
- die Einheit des Zoll- und Handelsgebietes, die Handels- und Schiffahrtsverträge, die Freizügigkeit des Warenverkehrs und den Waren- und Zahlungsverkehr mit dem Auslande einschließlich des Zoll- und Grenzschutzes;
- 5a.
- den Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung ins Ausland;
- 6.
- den Luftverkehr;
- 6a.
- den Verkehr von Eisenbahnen, die ganz oder mehrheitlich im Eigentum des Bundes stehen (Eisenbahnen des Bundes), den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes sowie die Erhebung von Entgelten für die Benutzung dieser Schienenwege;
- 7.
- das Postwesen und die Telekommunikation;
- 8.
- die Rechtsverhältnisse der im Dienste des Bundes und der bundesunmittelbaren Körperschaften des öffentlichen Rechtes stehenden Personen;
- 9.
- den gewerblichen Rechtsschutz, das Urheberrecht und das Verlagsrecht;
- 9a.
- die Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalpolizeiamt in Fällen, in denen eine länderübergreifende Gefahr vorliegt, die Zuständigkeit einer Landespolizeibehörde nicht erkennbar ist oder die oberste Landesbehörde um eine Übernahme ersucht;
- 10.
- die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder
- a)
- in der Kriminalpolizei,
- b)
- zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, des Bestandes und der Sicherheit des Bundes oder eines Landes (Verfassungsschutz) und
- c)
- zum Schutze gegen Bestrebungen im Bundesgebiet, die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden,
sowie die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes und die internationale Verbrechensbekämpfung;
- 11.
- die Statistik für Bundeszwecke;
- 12.
- das Waffen- und das Sprengstoffrecht;
- 13.
- die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Kriegshinterbliebenen und die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen;
- 14.
- die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe.
Übersicht: Abgeordnetenrechte
Übersicht über die Rechte der Bundestagsabgeordneten, wie etwa das Antrags-, Rede, Abstimmungs-, Frage-, Auskunfts- und Teilnahmerecht (Art. 38 I 2 GG), aber auch die Statusrechte aus Art. 46 ff. GG.
- Inhaltsverzeichnis
- Freies und effektives Mandat (Art. 38 I 2 GG)
- Inhalt
- Herleitung
- Umfang
- Weisungs- und Auftragsfreiheit
- Gleichheitsrecht
- Assoziationsrecht
- Mitwirkungsrechte
- Antragsrecht
- Rederecht
- Abstimmungsrecht
- Fragerecht im Parlament
- Allgemeine Befragung der Bundesregierung
- Aktuelle Stunde
- Große Anfrage
- Auskunft
- Schriftliche Frage
- Kleine Anfrage
- Teilnahmerecht
- Beeinträchtigung
- Rechtfertigung
- Funktionsfähigkeit des Parlaments (Demokratieprinzip des Art. 20 I, II GG)
- Funktionsfähigkeit der Regierung und Gewaltenteilungsprinzip (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 II, III GG)
- Abgeordnetenrechte anderer MdBs (Art. 38 I 2 GG)
- Zulässig: Fraktionsdisziplin zu gewissen Punkten
- Unzulässig: Fraktionszwang
- Freiheitlich demokratische Grundordnung (s. Art. 18 S. 1, 20 IV, 21 II GG)
- Statusrechte, teilw.: Schutzrechte o. Privilegien
- Indemnität (Art. 46 I GG)
- Immunität (Art. 46 II GG)
- Zeugnisverweigerungsrecht (Art. 47 S. 1 GG)
- Für Bundestagskandidaten: Urlaubsanspruch (Art. 48 I GG)
- Behinderungsverbot (Art. 48 II GG)
- Anspruch auf angemessene Entschädigung (Art. 48 III GG)
Die Rechte der Abgeordneten sind im Grundgesetz nicht explizit festgehalten. Ein Blick in die GOBT (Normen nachfolgend jeweils in Klammer dahinter) kann daher als Gedankenstütze dienen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive lässt sich jedoch alleine aus der Kodifizierung in dieser kein eigenständiges Argument ableiten (bloß verfassungsrechtlich irrelevantes Binnenrecht des Bundestages).
-
In der Klausur wird im Rahmen der Zulässigkeit i.d.R. das Organstreitverfahren (Art. 94 I Nr. 1 GG) – als statthafte Klageart zur Geltendmachung parlamentarischer Rechte gegenüber anderen Verfassungsorganen oder zur Verteidigung dieser Rechte – einschlägig sein.
-
In der Begründetheit empfiehlt es sich in der Regel – in Anlehnung an die Prüfung von Grundrechten – dreistufig zu prüfen: I. Inhalt; II. Beeinträchtigung; III. Rechtfertigung.
Freies und effektives Mandat (Art. 38 I 2 GG)
Inhalt
Herleitung
Freies Mandat der Abgeordneten: „…an Aufträge und Weisungen nicht gebunden…“ (Art. 38 I 2 GG).
Umfang
Weisungs- und Auftragsfreiheit
Erteilte 'Aufträge und Weisungen' gegenüber Abgeordneten, mit dem Ziel, sie zu bestimmten Handlungen zu verpflichten, verstoßen gegen ein gesetzliches Verbot i.Sd. § 134 BGB und sind daher nichtig.
Gleichheitsrecht
Es herrscht grds. formale Gleichheit aller Abgeordneten. Eine Differenzierung findet grds. nicht statt.
Assoziationsrecht
Die Abgeordneten haben grundsätzlich das Recht, sich frei zu Fraktionen zusammenzuschließen und in diesen zu verbleiben. Siehe hierzu ausführlich das Schema Fraktionsausschluss eines Abgeordneten (h.M.: Art. 38 I 2 GG).
Mitwirkungsrechte
[Merkwort: Die Anfangsbuchstaben der einzelnen Rechte ergeben das Merkwort „ARAFAT“.]
Antragsrecht
Grundsätzliches Recht, Anträge (Gesetzentwürfe, Änderungs- und Entschließungsanträge, Beschlussempfehlungen, Berichte, … vgl. § 75 GOBT) zu stellen, über die dann auch beraten und Beschluss gefasst werden muss.
Rederecht
Grundsätzliches Rederecht im Plenum und in den Ausschüssen.
Abstimmungsrecht
Grundsätzliches Abstimmungsrecht im Plenum und in den Ausschüssen.
Fragerecht im Parlament
Allgemeine Befragung der Bundesregierung
In Sitzungswochen entsendet die Bundesregierung Vertreter zu den wöchentlichen Sitzungen (i.d.R. die parlamentarischen Staatssekretäre oder Staatsminister der Bundesministerien) in den Bundestag, an die die Abgeordneten kurz gefasste Fragen richten können (vgl. §§ 105, 106 II GOBT).
Aktuelle Stunde
Spezifisch vom Parlament anberaumte Aussprache mit der Regierung (i.d.R. die Minister selbst) im Bundestag über ein bestimmtes bezeichnetes Thema von allgemeinem aktuellem Interesse (vgl. § 106 I GOBT).
Große Anfrage
Die große Anfrage kombiniert die kleine Anfrage mit einer aktuellen Stunde. Sie umfasst sowohl einen schriftlichen Fragenkatalog an die Bundesregierung (vgl. § 100 GOBT) als i.d.R. auch eine Aussprache mit jener im Parlament (vgl. § 101 ff. GOBT). Sie muss nach h.M. von mindestens 5% der MdBs gestellt werden (vgl. § 75 I f), 76 GOBT).
Nicht umfasst von Art. 38 I 2 GG ist hingegen die Möglichkeit, bestimmte Mitglieder der Regierung (bestimmte Minister oder den Bundeskanzler) herbeizuzitieren.
Dieses Recht ist in Art. 43 I GG geregelt (Zitierungsrecht) und erfordert nach h.M. einen Mehrheitsbeschluss – zu dem die Opposition in der Regel nicht in der Lage ist – sodass es in der Praxis kaum zur Anwendung kommt.
Auskunft
Schriftliche Frage
Recht eines jeden einzelnen Abgeordneten, kurze schriftliche Einzelfragen an die Bundesregierung zu stellen (vgl. § 105 GOBT).
Kleine Anfrage
Schriftlicher Fragenkatalog, in dem von der Bundesregierung Auskunft über einen bestimmt bezeichneten Bereich verlangt wird (vgl. § 104 I 1 GOBT). Im Unterschied zur großen Anfrage findet darüber keine Aussprache im Parlament statt (vgl. § 75 III GOBT). Sie muss jedoch nach h.M. ebenfalls von mindestens 5% der MdBs gestellt werden (vgl. § 75 I f), 76 GOBT).
Teilnahmerecht
Grundsätzliches Teilnahmerecht im Plenum und in den Ausschüssen.
Beeinträchtigung
Jede Verkürzung einer dieser Rechtspositionen löst eine verfassungsrechtliche Rechtfertigungspflicht aus. Je intensiver der Eingriff, desto gewichtiger müssen die entgegenstehenden Rechtspositionen (C.) sein.
Rechtfertigung
Eingriffe in die Abgeordnetenrechte können, wie alle anderen Eingriffe in verfassungsrechtliche Güter auch, durch kollidierende verfassungsrechtliche Rechtspositionen gerechtfertigt sein. In Frage kommen dabei insb. (jedoch nicht abschließend):
Funktionsfähigkeit des Parlaments (Demokratieprinzip des Art. 20 I, II GG)
- z.B. Mindestquoren für gewisse Anträge (vgl. die 5%-Klausel in § 76 GOBT)
- z.B. Begrenzungen der Redezeiten bzw. pauschale Verteilung nach Fraktionsgröße (vgl. § 35 GOBT)
- z.B. Kein Stimmrecht fraktionsloser Abgeordneter in den Ausschüssen (sog. beratende Ausschussmitglieder, vgl. § 57 II 2 GOBT)
- z.B. Durchbrechung der formalen Gleichheit durch Wahl von Präsidium, Ausschussvorsitzenden u.a.
Funktionsfähigkeit der Regierung und Gewaltenteilungsprinzip (Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 II, III GG)
- z.B. Begrenzung des Fragerechts gegenüber der Bundesregierung
- z.B. Begrenzung des Fragerechts sowie des Auskunftsrechts von Untersuchungsausschüssen im Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung sowie aus Gründen des Staatswohls
Abgeordnetenrechte anderer MdBs (Art. 38 I 2 GG)
Zulässig: Fraktionsdisziplin zu gewissen Punkten
- (pro) Systematik: Art. 21 GG (Recht der politischen Parteien) als Art. 38 I 2 GG entgegenstehendes Verfassungsgut; Wähler richten Wahlentscheidung nach Partei aus (unstrittig bei Zweitstimme)
- (pro) Historie: Starke parteienstaatliche Prägung des politischen Systems der BRD
Unzulässig: Fraktionszwang
- Abgrenzung z.T. schwierig
- Regelmäßig gegeben, bei
- mehr als nur unverbindlicher Einflussnahme
- Einsatz von Druckmitteln / Zwangsmaßnahmen
Freiheitlich demokratische Grundordnung (s. Art. 18 S. 1, 20 IV, 21 II GG)
z.B. Beobachtung eines Abgeordneten durch Verfassungsschutz zum Schutz freiheitlich demokratischer Grundordnung
Statusrechte, teilw.: Schutzrechte o. Privilegien
Indemnität (Art. 46 I GG)
Indemnität = Schutz von Abgeordneten davor, auf Grund einer Abstimmung oder im Bundestag getätigten Äußerungen gerichtlich / dienstlich verfolgt oder anderweitig zur Verantwortung gezogen werden.
- Gilt nicht für verleumderische Beleidigungen iSd § 187 StGB (Art. 46 I 2 GG)
- Umfasst zivil- und strafrechtliche Verantwortlichkeit
Immunität (Art. 46 II GG)
Immunität = Schutz von Abgeordneten davor, ohne vorherige Genehmigung des Bundestages (Aufhebung) auf Grund einer mit Strafe bedrohten Handlung zur Verantwortung gezogen oder verhaftet werden.
- Dies gilt nicht, wenn die Verhaftung bei Begehung der Tat oder am Folgetag erfolgt
- Schutzbereich umschließt Handlungen im und außerhalb des Bundestages sowie Verfahren, die dem Abgeordneten vor Übernahme des Mandats anhingen
Zeugnisverweigerungsrecht (Art. 47 S. 1 GG)
Abgeordnete haben ein Zeugnisverweigerungsrecht in Bezug auf Personen und Tatsachen, die ihnen während des Mandats anvertraut wurden. Die Beschlagnahmung von Schriftstücken ist ebenfalls unzulässig.
Für Bundestagskandidaten: Urlaubsanspruch (Art. 48 I GG)
Behinderungsverbot (Art. 48 II GG)
Niemand darf gehindert werden, das Amt eines Abgeordneten zu übernehmen und auszuüben.
Anspruch auf angemessene Entschädigung (Art. 48 III GG)
Abgeordnete haben Anspruch auf eine ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung, die durch das Parlament selbst festgelegt wird und sich zurzeit an den Bezügen eines obersten Bundesrichters orientiert.